24.12.2015
Sich bewegen lassen

Die Online-Redaktion wünscht Ihnen und Ihren Familien, Verwandten, Freunden und Bekannten ein gesegnetes Weihnachtsfest.

Seien Sie gegrüßt mit einer Predigt von Superintendentin Angelika Greim-Harland.

Hier die Weihnachtspredigt von Sup. Angelika Greim-Harland im Wortlaut:

Liebe Gemeinde!

Worüber reden sie in diesen Tagen? Welches sind die Gesprächsthemen am Festtagstisch, beim Spaziergang im frühlingshaften Wetter oder abends beim Gespräch im stimmungsvoll erleuchteten Raum, nachdem die Geschenke ausgepackt sind und Ruhe einkehrt? Familie ist ein Thema. Eltern und Kinder, Geschwister und Onkel und Tanten, so sie in der Nähe sind. Über Gott zu reden braucht schon ein bisschen Mut. Irgendwie gehört er ja zu diesem Fest dazu, aber es macht Mühe, die richtigen Worte zu finden. Leichter ist es, Kommentare zu politischen Ereignissen abzugeben und über Fernsehen oder Facebook zu schimpfen oder zu posten.

Gott ist nahe und seine Liebe bewegt die Welt. Ist das nur eine steile These? Worauf gründet sich diese Aussage? Menschen haben weitergesagt, was sie gehört und erlebt haben. Vor der Geburt Jesu haben Propheten von Gott geredet. Unbequeme Männer und Frauen waren das, die das Volk Israel im Namen Gottes leiten wollten. Es ist ihnen nur unzureichend gelungen, aber sie haben dafür gesorgt, dass die Hoffnung nicht gestorben ist, dass der Glaube wachgehalten wurde und die Ereignisse der Geschichte mit Gott zusammen gedeutet wurden. Beim Lesen der alten Worte spüren wir heute noch, dass Kraft und Stärke aus ihnen spricht, auch wenn sie dem Mainstream meist komplett entgegenstanden.

Dann kam Jesus, den wir als den Christus glauben. Als Kind armer Eltern geboren und mit Fluchterfahrung in den ersten Lebensmonaten. Als er erwachsen wurde und öffentlich redete und heilte, glaubten viele Menschen, Gott am Werk zu sehen. Das war ein so starkes Zeugnis der Liebe Gottes, dass es auch über seinen gewaltsamen Tod hinaus weiter wirkte. Danach ließen sich bis heute immer wieder Menschen in diesem Geist beauftragen und in den Dienst nehmen, die Nähe Gottes weiterzusagen und von der Kraft seiner Liebe zu reden. Worüber reden sie in diesen Tagen? Kinder tauschen sich über ihre Geschenke aus, Jugendliche und Erwachsene posten sich die neusten Neuigkeiten oder Belanglosigkeiten. Wer will, ist schnell verbunden mit Handy oder PC. Gibt es eine Verbindung zum nahen Gott, zu seiner Liebe, die wir zu Weihnachten feiern in Jesus Christus?

Ich habe den Eindruck, in diesem Jahr werden unsere Werte und Überzeugungen neu auf den Prüfstand gestellt. Was glaube ich, wofür stehe ich, was bekenne ich? Die Fragen zu Flucht und Asyl in unserem Land können wir nicht mehr ignorieren. Die Auswirkungen von Krieg, Armut und Klimaveränderungen spüren wir hautnah: Menschen stehen vor der Tür und suchen Raum zum Leben in Frieden. Dazu kommt, dass auch in Deutschland die Schere von Armen und Reichen immer mehr auseinander geht. In diesen Spannungsfeldern feiern wir trotzdem Weihnachten. Wir feiern, dass Gott nahe gekommen ist und durch seine Liebe die Welt bewegt. Wie zu keinem anderen Fest wird deutlich, wie sehr wir den Frieden zum Leben brauchen. Auf dem Hirtenfeld von Bethlehem wird er verkündigt: „Ehre sein Gott in der Höhe und Frieden auf Erden euch Menschen, den Gottgeliebten.“

Mit dem Kind in der Krippe wird ein neues Kapitel aufgeschlagen: die wahren Machtverhältnisse sind ganz anders: die Schwachen lehren uns Stärke, die Unterlegenen entlarven die Mächtigen, die Kranken erzählen uns vom Annehmen und Sinn des Lebens, die Sterbenden reden vom Leben. So kommt Gott heute in unsere Welt. Wo wir uns nicht blenden lassen von dem, was ist, sondern leben aus der Botschaft, die in unseren Herzen lebt: Gott ist dir nahe in Jesus Christus. Er verwandelt die Welt durch Liebe, auch durch dich. Das hilft uns, den Hass zu überwinden – denn er zerstört unser Zusammenleben. Das hilft uns, die falschen Propheten zu entlarven, die Brandsätze auf Flüchtlingsheime werfen und die das Volk mit Propagandareden aufwiegeln.

Reden wir davon, wie die Botschaft von Weihnachten unser Leben verändern kann. Es ist dringend. Wir brauchen eine Verständigung über die Werte, die unserer Gesellschaft verbinden. Christen haben da Wesentliches einzubringen. Bleiben wir das nicht schuldig. Zugleich geht es auch um Respekt vor anderen Religionen und um das gemeinsame Bekenntnis gegen Gewalt – für Frieden und Menschenrechte für alle. Da haben Gemeinden in unserem Kirchenkreis ihre Räume für Kirchenasyl geöffnet. Da engagieren sich Ehrenamtliche für Geflüchtete um ihnen zu helfen, die Behördenwege zu meistern. Da bieten Menschen an, beim Deutschlernen zu helfen. Da wird ein Fremder eingeladen zu einem Weihnachtsessen.

Gott kommt auch heute an, hautnah in den Menschen, die er liebt. Verpassen wir seine Ankunft nicht. Sie ist wichtig für jeden einzelnen und für uns alle. Amen.