Weihnachten als heimeliges Fest?

Pfarrer Stefan Wohlfarth, Geraberg: Wort zu Weihnachten 2015

So erscheint es vielen. Und es mag angenehm erscheinen, wenn alles schön gemütlich ist, dass alle beieinander sind, die sich sonst selten sehen, und dass die Weihnachtsgans besonders knusprig wird. Das Geheimnis von Weihnachten liegt aber nicht im Wohlfühlfaktor.

Die Energie, die Weihnachten in unser Leben bringt, kommt von woanders her: Aus einer Spannung von Gegensätzen. Um das zu entdecken, muss man zum Ursprung von Weihnachten gehen. Zur Weihnachtsgeschichte. Die erzählt uns: Die Welt ist ein unsicherer und gefährlicher Ort. Aber es gibt Hoffnung. Maria und Josef werden aus lauter Willkür kurz vor der Geburt des Kindes auf eine lange Reise geschickt. Sie finden nur einen Stall als Herberge. Doch dort wird der Erlöser geboren, und die Herzen derer, die zum Kind kommen, werden hell und warm.

Gleich nach der Geburt ist das Kind mit seinen Eltern auf der Flucht. So ist die Weihnachtsgeschichte eigentlich die Geschichte einer Flüchtlingsfamilie. Doch das Kind geht seinen Weg. Der Weg bleibt steinig. Er führt zum Kreuz. Doch das Kreuz wird zur Tür der Hoffnung. Durch diese Tür gehen alle, die daran glauben, ins Licht.

Von solcher Spannung leben gute Geschichten. Von dieser Spannung bezieht unser Leben seine Energie. Entscheidend ist nicht, dass alles gut ist, sondern dass es noch Hoffnung gibt und ich das Ziel vor Augen behalte. Es kann mir jetzt schlecht gehen, doch ich weiß von Türen zum Licht. Das Leben ist oft chaotisch, doch es gibt heilsame Kräfte, die aus dem Chaos überraschend Dinge entstehen lassen, über die wir staunen dürfen. Wenn ich mich von dieser Hoffnung anstecken lassen, wenn ich die Augen öffne für das Licht und mit diesem Licht in den Augen in die Welt sehe, dann werde ich eingestimmt auf Weihnachten.

Die Welt ist ein erlösungsbedürftiger Ort. Das spüren wir heute mehr denn je. Weihnachten feiern wir, weil es Grund zur Hoffnung gibt. Der Engel in der Weihnachtsgeschichte ruft es uns zu: »Fürchtet euch nicht! Denn euch ist heute der Erlöser geboren. Und sein Friede kommt auf die Erde."