Licht für die kranke Erde

Der dritte Advent steht vor der Tür. Traulichkeit und Wärme erfüllen diese Zeit des Jahres, in der das Wetter oft schlecht und unfreundlich ist.

Glanz und Freude sind noch steigerungsfähig. Wir warten auf Weihnachten. Was steckt eigentlich ursprünglich hinter diesem Fest und der wochenlangen Vorfreude?

Aus einem nüchternen Blickwinkel ist die Geschichte vom Stall in Bethlehem nichts Weltbewegendes. Eine junge Familie muss, einem obrigkeitlichen Befehl gehorchend, zusehen, wie sie in einer fremden Stadt zurechtkommt, inmitten von Leuten, die auf die Zumutung des kaiserlichen Erlasses einer Steuererfassung genauso fremdbestimmt und überfordert reagieren. Niemanden kümmert es, dass die junge Frau hochschwanger ist und kurz vor der Niederkunft steht. Ein Stall als Notunterkunft wird dankbar akzeptiert.

Aus nüchternem Blickwinkel ist dies eine tausendfache Wiederholung des Machtspiels politischer oder wirtschaftlicher Interessen, das tief in persönliche Schicksale eingreift und Menschen hin- und herschiebt wie Spielfiguren. Ungehört, ohne Mitspracherecht müssen Menschen mit ihrem privaten Leben Entscheidungen ausbaden, die fern von ihren Bedürfnissen getroffen werden und ihnen hohe Opfer abverlangen. In dieser Gefühlslage mangelnder Wertschätzung und dauernder Anforderungen, die mürbe und müde macht, finden sich heute nicht wenige Mitmenschen wieder.

Aber die Geschichte im Stall kommt nicht so trist herüber. Keine Spur von Grau oder Stress. Ein warmer goldener Schein über den dankbaren Eltern, die gemeinsam die Geburt ihres ersten Kindes bewältigt haben. Ihre Liebe und Freude macht aus dem Stall ein Schloss. Ochs und Esel bereichern mit ihrer gutmütigen Anwesenheit die friedliche Szene. Auch über die düsteren Felder draußen vor der Stadt, über die rauen Hirten im Abseits der Gesellschaft, legt sich heller himmlischer Glanz.

Ungläubiges Staunen erst. Aber dann ein beherzter Pragmatismus. Unverzüglich der Aufbruch der Hirten. Mit dabei Geschenke, die von Herzen kommen. Ohne Wenn und Aber lassen sich alle Beteiligten von der Lebenskraft göttlicher Verheißung erfüllen. Alles ist so, wie es sein soll. Das Leben wird in seiner Heiligkeit und Schönheit erfahren. Die widrigen Umstände rücken ganz in den Hintergrund. Dankbarkeit und Freude herrschen. Die Geburt eines Kindes. Das Glück, das sie verbreitet. Die geteilte Freude macht Fremde zu Freunden. Zusammengehörigkeit ohne Zurückweisung und Kränkung.

Die göttliche Dimension unseres Lebens setzt sich einfach über Kälte, Düsternis, Verlorenheit und Zweifel hinweg. Das Licht, der Glanz von Liebe und Leben, legt sich über die Finsternis. Über dem Stall und den Hirten wurde es einfach hell und gut.

Die Menschen im Stall haben sich in ihrem privaten Lebensbereich Elementares bewahrt: Zuversicht, dankbare Freude, den ehrlichen Willen, das Leben zu hüten, Zusammenhalt. Wenn wir unsere dritte Kerze anzünden, ist aktuell die Weltklimakonferenz im polnischen Katowice mit dem Ringen der Entscheider dieser Welt um eine Begrenzung klimaschädlichen Verhaltens zu Ende gegangen.

Nehmen wir das Licht der Kerze als Anlass zu einer elementaren persönlichen Besinnung: was sind wir bereit, für unsere Erde, die krank geworden ist, zu tun? Wo sehen wir unsere Verantwortung und ehrlichen Willen, an unserem Platz dazu beizutragen, das Leben zu hüten? Führt es uns zusammen mit Menschen, die beherzt aufbrechen und spüren, wie es auf jeden persönlich ankommt? Allen äußeren Widrigkeiten zum Trotz?

Schulpfarrerin Beate Schreier, Dornheim.