Glückliche Umstände

In einem bekannten Sprichwort heißt es: „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.“ Doch trifft dieses Wort tatsächlich zu? Können wir das „Glück“, oder „Zufriedenheit“ wirklich selbst bestimmen? Geschieht Glück nicht meist ganz zufällig? Denn ein wahrer Glückspilz hat normalerweise nichts dazu beigetragen, dass er Glück hat.

Andererseits geschieht es manchmal, dass uns tatsächlich etwas „geglückt“ ist, dass uns etwas gelungen ist, worum wir uns schon lange bemüht haben. Unsere Sprache hat ein altes Wort bewahrt, das uns dabei helfen kann. Wenn jemand höchstes Glück genießt, dann bezeichnen wir einen solchen Menschen als „glückselig“, also als „glücklich“ und „selig“ zugleich. Es ist eine Erinnerung an Worte, die wir in der Bibel finden – die Seligpreisungen Jesu. Darin heißt es z.B.: „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.“

An vielen Orten wird der Martinstag gefeiert. In der Martinsgeschichte hören wir von einem Menschen, dem solches Glück widerfuhr, weil ein Mensch barmherzig wurde, weil Martin mitfühlte, was ein anderer Mensch wirklich brauchte. Manchmal gehört nur ein klein wenig Aufmerksamkeit dazu, sein Glück auch mit anderen zu teilen. Daran erinnern die Zeilen einer Schwesterngemeinschaft aus Paris. Es sind Worte, die uns helfen können, selbst etwas dazu beizutragen, dass Menschen zufriedener und glücklicher werden, so wie es damals in der Begegnung zwischen Martin und dem Bettler geschah:

  • Selig die, die einen Berg von einem Maulwurfhügel unterscheiden können, sie werden sich viel Ärger ersparen.
  • Selig die, die schweigen und zuhören können, sie werden dabei viel Neues lernen.
  • Selig die, die fähig sind, das Verhalten der anderen mit Wohlwollen zu interpretieren;
  • sie werden zwar für naiv gehalten werden, aber das ist der Preis der Liebe.
  • Selig die, die es verstehen, die kleinen Dinge ernst und die ernsten Dinge gelassen anzusehen, sie werden im Leben sehr weit kommen.

Pfarrer Dr. Hansgünter Reichelt, Stadtilm