Alle Jahre wieder

Alle Jahre wieder – kommt das Christuskind… auf die Erde nieder … wo wir Menschen sind.

So singen wir es jedes Jahr in diesem bekannten Weihnachtslied. Dennoch möchte ich heute dagegen einwenden: Käme das Christuskind, käme Jesus tatsächlich nur „alle Jahre wieder“, also nur einmal im Jahr in unser Leben hinein, wäre das traurig für uns, denn die wunderbare Botschaft von Weihnachten soll doch in unser ganzes Leben hineinstrahlen und auch unseren Alltag 365 Tage lang froh machen… Diese befreiende Botschaft, dass mit der Geburt Jesu Gott selbst in unsere Welt kommt und die Menschen Heil macht und erlöst!

Sicher ist dieses Geschehen von damals für uns Menschen bis heute letztlich auch ein großes Geheimnis, dass wir am besten mit unseren Herzen und nicht mit dem Verstand ergründen sollten. Denn der Verstand ist nicht wirklich gut geeignet, wenn es um die göttlichen Dinge in unserem Leben geht. Um nicht zu sagen, er ist damit meist ziemlich überfordert…

Vom Kirchenvater Augustin wird berichtet, dass er auch ein Mensch war, der versucht hat, alles, diese Welt, sein Leben und Gott selbst mit seinem Verstand zu ergründen. Und dieser Augustin hatte einst einen Traum.

Er träumte eines Nachts, dass er am großen Ozean spazieren ging und dort einen Jungen traf. Dieser ging mit einer Schale immer wieder zum Wasser und schöpfte daraus und schüttete dann das Wasser in ein Loch, das er in den Sand gegraben hatte.

Augustin fragte den Jungen daraufhin: „Was machst du da?!“

„Ich will das Meer ausschöpfen und in diesem Loch verschwinden lassen!“ erhielt er zur Antwort. Da lachte Augustin und erwiderte: „Junge, das ist ganz und gar unmöglich – du wirst diesen riesigen Ozean niemals ausschöpfen können…“

Daraufhin schaute der Junge ihn an und sagte: „Aber du, Augustin, meinst, du könntest die Größe und die Geheimnisse Gottes in deinen kleinen Verstand hineinbekommen?!“

Ja, so ist es doch: Unsere Welt, unser Leben, die Zeit, die Ewigkeit, all das gleicht doch tatsächlich einem riesigen, unergründlichen Ozean. Gigantisch und scheinbar grenzenlos liegt er da vor uns – ein Raum, in dem zahllose Leben gelebt worden sind und gelebt werden. Und zu Weihnachten erfahren wir, dass ein einzelnes kleines Wesen (Gottes Kind) in diesen Ozean der Zeit hineinkommt und nun das ganze Meer mit seiner Gegenwart erfüllt und es mit seinem liebevollen Wirken und seiner Botschaft auch verändert. Öffnen wir diesem Kind, öffnen wir Jesus unser Herz, damit er es mit Hoffnung und Zuversicht erfüllen kann. Lassen wir uns ein auf dieses Wunder, das uns befreit und heil und ganz werden lässt.

Matthias Schubert, Pfarrer im Kirchenkreis Arnstadt-Ilmenau