24.09.2021
Gestohlene Erinnerung

(PM Arolsen Archives). Gemeinsam mit der Stadtverwaltung Arnstadt eröffnen die Arolsen Archives am 24. September 2021 auf dem Marktplatz in Arnstadt die Open-Air-Wanderausstellung #StolenMemory. Im Mittelpunkt stehen der letzte Besitz von KZ-Inhaftierten und die Frage, wie es heute noch gelingt, diese sogenannten Effekten an Familien der Opfer zurückzugeben.

Zu sehen ist die Ausstellung in einem aufklappbaren Übersee-Container für zwei Wochen auf dem Marktplatz.

„Effekten“ sind persönliche Gegenstände, die Häftlinge bei ihrer Ankunft in den Konzentrationslagern von den Nationalsozialisten abgenommen wurden. Oft waren es Eheringe, Uhren, Füller oder Brieftaschen mit Fotos. #StolenMemory ist eine Kampagne der Arolsen Archives zur Rückgabe dieser persönlichen Gegenstände an die Angehörigen. Über 500 Familien konnten seit dem Start der Kampagne 2016 bereits gefunden werden. Die Ausstellung zeigt Bilder solcher „Effekten“ und erzählt vom Schicksal von zehn NS-Verfolgten.

Unter der Überschrift „Gefunden“ lenkt die Ausstellung den Blick auf persönliche Gegen- stände, die bereits zurückgegeben werden konnten. Sie berichtet vom Verfolgungsweg der einstigen Besitzer*innen und den Rückgaben an die ihre Familien heute. Mit dem Smartphone können die Besucher*innen über eine App Videoportraits aufrufen, in denen die Angehörigen selbst zu Wort kommen.

Unter der Überschrift „Gesucht“ werden „Effekten“ gezeigt, die noch auf ihre Rückgabe warten. Eine wichtige Botschaft ist deshalb auch: Jede*r kann die Arolsen Archives bei der Rückgabe der Effekten unterstützen und sich selbst auf Spurensuche nach den Verfolgten und ihren Familien begeben. Denn noch immer bewahrt das Archiv gestohlene Erinnerungsstücke von knapp 2.500 Personen aus ganz Europa auf.

„Viele Opfer der Nationalsozialisten hinterließen keine materiellen Spuren für ihre Familien, weil die Nationalsozialisten ihnen alles nahmen“, so Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives. Die Rückgabe der Effekten sei für die Angehörigen deshalb oft sehr unerwartet: „Einige von ihnen wissen nichts oder nur wenig über diesen Teil der Lebensgeschichte ihrer Großeltern, Eltern, Onkel und Tanten“. Umso wichtiger sei es, dass die Gegenstände in die Familien zurückkehrten.

„Wir freuen uns, mit #StolenMemory eine ansprechende und gesellschaftlich so relevante Wanderausstellung nach Arnstadt bringen zu können. Die Aufarbeitung der Geschichte unserer Stadt im Nationalsozialismus ist uns ein wichtiges Anliegen“, erklärt Jörg Kaps von der Stadtverwaltung Arnstadt als lokaler Organisator. „Seit 2007 haben wir spendenbasiert 160 Stolpersteine in Arnstadt verlegt. #StolenMemory hat einen ganz ähnlichen Ansatz und holt durch das Erzählen von individuelle Schicksalen die Erinnerung an die Verfolgten ins Jetzt. Insbesondere durch die Kooperation mit dem Schulamt Westthüringen hoffen wir, mit der Ausstellung und den Bildungsangeboten viele junge Menschen anzusprechen und der Erinnerungskultur vor Ort einen weiteren Anstoß zu geben.“

Begleitend zur Ausstellung bietet die Website stolenmemory.org interessante Einblicke: Kurze, animierte Filme mit ergänzenden Webstories erzählen von individuellen Schick- salen. Diese Materialien wurden speziell für Jugendliche entwickelt und im Juni 2021 mit dem Grimme Online Award in der Kategorie „Wissen und Bildung“ ausgezeichnet. Auf der Website steht zudem umfangreiches pädagogisches Material zum kostenlosen Download zur Verfügung, das von Schulen und Bildungseinrichtungen auf allen Stationen der Wanderausstellung genutzt werden kann.

Wo: Marktplatz in Arnstadt
Wann: 24.09. – 06.10.2021, täglich 10-17 Uhr

Eröffnung: 24.09.2021, 10.00 Uhr

Schulklassen oder größere Besuchergruppen nach Vereinbarung.