Sprache
Wir haben anfangs alle eine Sprache gesprochen.
Wir waren einig. Das ist eine schöne Erinnerung vergangener Tage und hat mit unserer modernen Geschichte leider nichts zu tun. Die Heilige Schrift berichtet von der Menschheit, die einig war – von einer Menschheit, die sich alles zutraute und eine Stadt und einen hohen Turm bis zum Himmel errichten wollte, so dass selbst Gott sich genötigt sah einzugreifen und den Überfliegern das Handwerk legte. Der Turm zu Babel wurde nicht fertig.
„Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen allen und dies ist der Anfang ihres Tuns; nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun", spricht Gott (2. Buch Mose 11).
Was können wir nicht alles erreichen, wenn wir eine Sprache sprechen! Aber gerade vor der Wahl bei uns in Thüringen, aber auch in den anderen Bundesländern und leider auch weltweit, sieht es danach wirklich nicht aus.
Lagerdenker, Freund-Feind- und Schwarz-Weiß-Schemata bestimmen das Denken und Reden.
Am 15. August haben sieben Kandidaten der Landtagswahl miteinander diskutiert und sich auch den Fragen des Publikums gestellt. Grüne, SPD, Linke, BSW, CDU, FDP und AfD saßen auf dem Podium. Kontrovers war das Vorhaben des Kirchenkreises.
In der Demokratie wird sich gestritten. Einig müssen wir nicht sein. Widerspruch ist nötig, denn nicht alles, was gesprochen wird, ist sinnvoll. In der Bachkirche Arnstadt sind aber alle Anwesenden respektvoll miteinander umgegangen. Es wurde zugehört – auch dann, wenn es manchmal schwerfiel.
Das ist ein Zeichen der Hoffnung – ein Wegweiser in eine Zukunft, in der wir als Gesellschaft miteinander etwas erreichen können.
Der erste Schritt, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern, ist der Austausch darüber.
Wir werden mit den Beteiligten in unserer Gesellschaft sicher keinen Turm zum Himmel bauen, aber vielleicht können wir es erreichen, dass unsere Gesellschaft menschlich und anständig bleibt, dass wir für die Schwachen weiter da sein können, dass wir die Natur erhalten und Schritte auf dem Weg zum Frieden gehen. Eben die ersten Steine legen!
Sebastian Pötzschke, Pfarrer in Gräfenroda-Geschwenda