25.09.2019
Bilanz gezogen

 Wieder mehr Frauen in kirchlichen Leitungspositionen wünscht sich Angelika Greim-Harland, scheidende Superintendentin des Kirchenkreises Arnstadt-Ilmenau. „Der Frauenanteil in dieser Hinsicht sinkt leider innerhalb der EKM seit einigen Jahren wieder.“ Ihr habe bei ihrem Amtsantritt 2006 die Ermutigung „Du schaffst das!“ von vielen Seiten gut getan, das traditionell eindeutig männlich dominierte Amt anzutreten. „Frauen müssen da ihren eigenen Stil finden“, hat Greim-Harland erfahren.

Und das scheint ihr gelungen zu sein. Bei ihrer Verabschiedung kürzlich in der Arnstädter Bachkirche wurde sie als „Autorität, die nicht autoritär auftritt“ gelobt. Der ehemaligen Superintendentin war gerade bei schwierigen personellen Entscheidungen Eines wichtig: „Als Hörende in die Debatte reingehen und nicht selbstherrlich entscheiden, aber nach dem Anhören auch zu den Konsequenzen stehen“, beschreibt sie ihr Erfolgsrezept.

Gelegenheit dazu hatte sie während ihrer Amtszeit immer wieder, denn: Zwischen 2006 und 2019 hat sich die Anzahl der Pfarrstellen im Kirchenkreis um einiges verringert. „Pfarrbereiche legt niemand gerne zusammen – aber wie soll es sonst weitergehen bei immer weniger Gemeindegliedern?“, fragt sie und betont: „Das steht im Widerspruch zum Verkündigungsanspruch, den wir haben. Die großen Zusammenhänge sind durch uns nicht änderbar, aber die Frage ‚Wo ist unser Spielraum?‘ lohnt sich immer.“

Die Fusion von Thüringer Landeskirche und Kirchenprovinz Sachsen zur EKM sei nicht leicht gewesen, jedoch: Der Kirchenkreis und die einzelnen Gemeindekirchenräte hätten jetzt mehr Verantwortung, die von der EKM-Kirchenleitung abgegeben worden sei. „Die Diskussion geht weiter: Wie kann Gemeinde existieren und lebendig sein mit weniger Geld?“, ist sich Greim-Harland sicher. Dem Ziel hätten auch die Perspektivgruppe und die Zukunftswerkstatt des Kirchenkreises gedient.

Über den Zahlentrend bei den Kirchenmitgliedern macht sich die Theologin keine Illusionen: „Die Bindekraft an Kirche hat wie bei allen Institutionen nachgelassen. Ein Sich-Binden über lange Zeit wird seltener.“ Entscheidend sei, dass Kirche vor Ort erfahrbar bleibe und Menschen die Möglichkeit biete, eine lebendige Beziehung zu Gott zu finden und zu pflegen. „Die Frage ‚Wer gehört zur Kirche?“ ist inzwischen selbst theologisch sehr umstritten“, hat Greim-Harland erfahren. „Gerade in Kirchbauvereinen engagieren sich unheimlich viele Menschen, die nicht der Kirche angehören.“ Kirche müsse sich hier fragen: ‚Was interessiert Suchende?‘, und entsprechende Angebote machen.

Dabei dürfe man auch keine Berührungsängste bei der Zusammenarbeit mit nichtkirchlichen Trägern haben. „Gerade im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit ist uns das gut gelungen“, findet die Pfarrerin. Das sei auch sehr nötig, denn: „Gerade hier sind die Grenzen ‚Kirchenmitglied/ Nichtmitglied‘ fließend.“

Bei der Frage, wie es gelungen sei, das Bild von ehrenamtlich in der Gemeinde Engagierten als „Lückenbüßer“ zu korrigieren, zieht Greim-Harland eine gemischte Bilanz: „Idealerweise sollten sich hauptamtlich Tätige als Trainer sehen, und beide Seiten spielen sich wie beim Fußball die Bälle zu.“ Doch das einzuüben, bleibe weiterhin eine Aufgabe.

Eine interessante Entdeckung hat sie zudem nach der Flüchtlingswelle im Sommer 2015 gemacht: „Flüchtlingen zu helfen, ist unsere ureigene Aufgabe als Christen. Über die Flüchtlingspolitik wurde und wird in den Gemeinden teils heftig diskutiert. Aber sobald es um konkrete Menschen mit ihren Schicksalen und um deren Unterstützung vor Ort ging, war man sich schnell im positiven Sinne einig.“

Ihren Dienst als Superintendentin hätte sie gerne auch noch in den nächsten Jahren versehen, was aber nach einer schweren Erkrankung nicht mehr möglich ist. Kürzlich ist sie deshalb krankheitsbedingt aus dem Dienst ausgeschieden und wurde mit einem Festgottesdienst feierlich verabschiedet.

Zur Person:

  • 1960 geboren in Mühlhausen, aufgewachsen im Kreis Sondershausen
  • 1976–79 Physiotherapie-Studium
  • 1981–86 nach Sonderreifeprüfung Studium der Theologie an der Friedrich-Schiller- Universität Jena
  • 1986–89 Vikariat in Angelroda (bei Ilmenau)
  • 1989–98 Pfarrerin in Angelroda; Heirat und Geburt zweier Töchter
  • 1998–2006 geschäftsführende Pfarrerin in Sondershausen
  • 2006–19 Superintendentin des Kirchenkreises Arnstadt-Ilmenau

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