Mein Glück

„Glück gehabt!“ sagen wir, wenn etwas gut ausgegangen ist, bei dem wir uns Sorgen gemacht hatten, ob es denn gut verläuft…

Sei es der Unfall, der noch mal glimpflich abgegangen ist, sei es die Prüfung, bei der wir kein gutes Gefühl hatten, die wir aber trotzdem gut bestanden haben; oder sei es die Diagnose beim Arzt, bei der unsere schlimmen Befürchtungen „zum Glück“ nicht eingetroffen sind.

„Glück gehabt!“, das sagen wir oft genug so leicht dahin, ohne uns die Tragweite unseres Glücks wirklich bewusst zu machen. Wir alle sehnen uns nach Glück, nach einem unbeschwerten und erfüllten Leben – und das ist letztlich viel mehr als so ein schnell dahingesagtes: „Glück gehabt“.

In der Bibel lesen wir im letzten Vers des 73. Psalms: „Gott nahe zu sein ist mein Glück“. Wenn wir den ganzen Psalm lesen, erfahren wir von einem Menschen, der sich heftig mit seiner momentan unglücklichen Situation auseinandersetzt. Er lässt uns an seinen zwiespältigen Gedanken und seinen inneren Widerständen teilhaben und nimmt uns dann mit hinein in eine erstaunliche Verwandlung.

Zunächst ist er verbittert darüber, dass die offensichtlich „gottfernen“ Menschen scheinbar so ein erfolgreiches Leben führen. Er hat deswegen mit Gott gehadert, „mein Herz war verbittert“ kann er zugeben…

Vielleicht haben wir auch oft den Eindruck, dass es in unserer Welt nicht gerecht zugeht, dass diejenigen die Macht und das Sagen haben, die rücksichtslos nur ihren eigenen Interessen nachgehen, ohne nach Gott oder den Mitmenschen zu fragen?! Da kann ich die quälenden Gedanken des Psalmbeters gut nachvollziehen.

Er bleibt allerdings nicht darin stecken, weil er merkt: Diese Grübeleien sind mir zu schwer, sie machen mich kaputt und bringen mich nur weg von Gott (und einem glücklichen Leben). Und so durchbricht er den Teufelskreis seiner Gedanken und tritt ein „ins Heiligtum Gottes“, in Gottes Nähe. Und da erkennt er, wie unsicher der Grund ist, auf dem die Gottfernen und Machtbesessenen stehen, wie schnell ihre Glückssträhne reißen kann. Und vor allem spürt er, welch einen festen Grund er in seinem Leben hat. So kommt er am Ende seines Gebetes zu der wunderbaren Erfahrung: „Ich aber – Gott nahe zu sein ist mein Glück.“

Das ist eine Erfahrung, die auch ich mit ihm teile; auch ich kann sagen, dass ich das Glück der Gottesnähe schon oft in meinem Leben gespürt habe, auch wenn diese Erfahrung manchmal in einem aufreibenden oder scheinbar ungerechten Alltag untergehen kann. Dabei hört Gott nie auf, uns nahe zu sein. Auch wenn wir ihn manchmal aus den Augen verlieren, bleibt er doch immer an unserer Seite – an jedem einzelnen Tag unseres Lebens…

So wünsche ich uns allen viele gute Erfahrungen und Momente der Gottesnähe, die uns getrost und glücklich machen! In diesem Sinne möchte ich mit einem Gedicht von mir abschließen, das in ähnlicher Weise vom Glück der Gottesnähe spricht:

Selbstversöhnt in Einklang leben,

mit dem Schöpfer, mit mir selbst –

dahin geht mein ganzes Streben,

so erleb ich Glück auf dieser Welt.

Und versöhnt mit meinem Nächsten –

Freund, Verwandter, Nachbar, Kind –

weil wir alle von geschenkter Gnade leben

und von IHM geliebte Menschen sind.

Matthias Schubert, Pfarrer für Vertretungsdienste im Kirchenkreis